1490 - 1547
In Übersetzungen von
Bertha Arndts
Die weltlichen Sonette
* In der Mehrzahl ihrem Gatten gewidmet,
dem Marchese di Pescara.
I.
Ich schreibe nur des Herzens
Drang zu stillen,
Zu fried’gen es, das mag
nichts andres wollen:
Hätt’ ich noch Licht zur Sonne
bringen sollen,
Die hehre Spur mit höh’rem
Glanz erfüllen?
Doch auch die Sorge muß dem
Drang entquillen,
Den Ruhm zu mindern ihr, statt
ihm zu zollen:
Will Weis’re hindern nicht,
ihn zu entrollen,
Dem Tod zu brechen seinen
starken Willen.
Des reinen Glaubens Gluth,
mein herber Kummer
Rechtfert’ge mich, weil, wegen
meiner Schwere,
Wiegt Zeit nicht noch Vernunft
ihn je in Schlummer.
Von bittern Thränen, nicht von
süßem Klange,
Von dumpfen Seufzern, drin ich
mich verzehre,
Leiht nicht mein Styl, mein
Schmerz nur Ruhm dem Sange.
II.
Bewegt von hohem heiligem
Bestreben,
Gewahr’ der Liebe Bild ich
lichtumwoben,
So hell und schön dem Sinn
emporgehoben,
Dass minder wahr dem Aug’ sich’s
hier gegeben.
Zu folgen dann der Strahlen
süssem Weben,
Die Träger ihm: mein Geist in
Feuerproben
Sucht kühnen Flugs das
Himmelszelt dort oben,
Von Erdensorgen frei, die ihn
umgeben.
Und weilt betrachtend er in
sel’gen Höhen,
Glaub’ Worte ich zu hören,
göttlich milde,
Die sich in Himmels-Einklang
nur verstehen.
Hat aber der, der unerreicht
hienieden,
Die Sonne überstrahlt in
hehrem Bilde,
Wie mag er leuchten erst im
ew’gen Frieden!
III.
Der Du bezwangst den Muth
allzuverwegen
Mit jenem Banner, dessen
kühnes Wagen
Vor deinem Heldenarm nur
konnt’ verzagen:
Jetzt Rache schickt es,
zorn’gen Feuerregen!
Den tollen Übermuth in
Schranken legen,
War Deines Sieges Werk;
gezüchtigt klagen
Die Städt’ und Dörfer, Berg’
und Ströme sagen,
Wie Unheil Du gehemmt auf
seinen Wegen.
Verdankt nicht fremdem Glück
noch deinem Sterne
Hast du der Absicht unverkürzt
Gelingen:
Mit Muth und Tugend siegst Du
nah und ferne.
Dein Nachruhm hier, und dort
die Palmenkrone
Dir einzig würdige Vergeltung
bringen:
Für göttlich Thun die Welt hat
nichts zum Lohne.
IV.
Wenn meiner Liebe schöne
Flamme nährte
Der Hoffnung Zunder stets, sie
war ihr Speise,
Wie möcht’, erstickt die,
wachsen gleicher Weise
Der Seele Gluth mir, statt sie
sich verzehrte?
Wie kann, wo Schicksal jede
Freude wehrte,
Erneuern sich, und bluten wie
im Kreise
Die Wunde stets? Wer reizt ihr
bittres Gleise,
Da Tod der Frücht’ und Blüthen
all’ begehrte?
Die Lieb’, dies Feuer, das die
Brust entzündet,
Hat von so reiner Fackel wohl genommen,
Dass ewig ward, was irdisch
erst gewesen;
Nur in sich selber lebt und
Nahrung findet
Der Seele Inbrunst, weil in
ihr entglommen
Auch ihrer werth sie ist in
Sein und Wesen.
V.
Mein Licht! nie Deinen Siegen
hat verliehen
Der Wechsel Gunst, noch Orte
oder Zeiten;
Dir Diener waren nur allwärts
im Streiten
Dein Heldenherz, die Kraft das
Schwert zu ziehen.
Mit klugem Sinn und weisem
Herrscherblicke
So rasch zerstreutest Du die
fremden Heere,
Dass, wie das Schlachtenglück
Dir mehrt’ die Ehre,
So auch die Art zu leiten die
Geschicke.
Kein stolzer Geist je deinem
Laufe wehrte,
Noch Flüß’ und Berge; ja die
meisten Städte
Aus Achtung schon sich beugten
Deinem Schwerte.
Erstiegst Du hier des Ruhmes
höchste Stufen,
Zu schönerm Lorbeer, andrer Sieges
Stätte
Im Himmel ewig wirst Du sein
berufen.
VI.
Welch’ friedlich Meer, welch’
himmelklare Wellen
Hat mein gesichert Fahrzeug
schon durchzogen!
Mit reicher, edler Last
geschmückt die Wogen,
Umhaucht von reinen Lüften und
von hellen!
Der Himmel nun verbirgt des
Lichtes Zellen,
Die milde Leuchten einst an
seinem Bogen:
Bang ist die Fahrt, der früh
das Glück gewogen,
Zur Sonne leicht die Wolken
sich gesellen!
Grausam und wandelbar es
plötzlich zeiget
Sein zornig Antlitz nun, um zu
entfalten
Des Sturmes Wuth, den es
heraufbeschworen;
Und alles Unheil zu mir
niedersteiget,
Blitz, Regen, Wind und
Schlossen schaurig walten;
Doch treuer Stern dem Aug’
bleibt unverloren!
VII.
Wer kann die Schlinge, die
mich hält, zerschneiden?
Vernunft den Faden gab, den
Liebe windet,
Verschmähn nicht schwächt, und
morsch der Tod nicht findet,
Da Glaub’ ihn knüpft, die Zeit
festigt statt zu scheiden?
Wer löscht dies Feuer, das die
Brust durchwühlet,
Dess süßer Qual sie niemals
sich entwindet,
Vielmehr ehrgeizig noch es neu
entzündet,
Dass seine Gluth nicht Thrän’
noch Seufzer kühlet?
Du Sonne mein, erhöht zum
Lichtes-Bronnen,
Von Jenseits noch aus Deinen
sel’gen Reichen
Durchglühst und fesselst Du
mich solcher Weise!
Was Glück, was Kraft, was
geist mir auch gewonnen:
Nie wird Dein Strahl, mein
Wollen, Dir erbleichen,
So bannst Du mich in deine
Zauberkreise.
VIII.
Warum, wenn nun des Stieres
Zeichen gießet
Verjüngte Kraft aus seinem
Flammenhorne,
Und Farbenschmelz aus reichem
Lebenskorne
Die Erde deckt, die schönrer
Tag umfließet –
warum, - seh’ der Geschöpfe
lieblich Weben,
An Quell und Wiesen ich die
Blüthen sprießen,
Auch hohe Geister zu des
Lorbeers Füßen
Eröffnen neues Licht dem
Geistes-Streben –
Mag nicht erhellen sich das Herz,
das trübe?
Nur schwerer will der Erde
Druck es lähmen;
So dauernd sind, so trostlos
meine Plagen!
Und wie beglückte Seelen auch
die Liebe
Erfröhlicht hier, mit ihrem
Licht mir nehmen
Wollt’ sie den Abglanz selbst
von süßen Tagen.
IX.
Da lebt in Dir, mein Licht,
dem ungetrübten,
Ich treu, wie Du mit mir
gottlob! hienieden:
Geeint die Seelen waren so im
Frieden,
Daß todt sich selbst sie
lebten im Geliebten.
Weil göttliche Verklärung nun
entzogen
Dich mir, der mindres Loos
noch ist beschieden,
Auf dorn’gem Pfad bleib’ nahe
mir, der müden,
Hülfreich wo Kampf und Noth
mich hart umwogen.
Zerstreue alle sie die
Nebelschleier,
Dass raschen Muths ich meine
Flügel breite
Auf dem von Dir gebahnten
lichten Pfade.
Zu Deiner Ehre ist’s, daß
nicht mehr freute
Dies Auge sich am Erdenprunk,
bis freier
Sich öffnet ihm der helle Tag
der Gnade.
X.
So hat die Liebe Ordnung mir
verkehret
Dass trübe mir die helle Sonne
dünket,
Dass meine Brust, wenn früh
ihr Schein mir winket,
Nur heftiger ihr himmlisch
Licht begehret.
Und alles Schöne, was Natur
gewähret,
Bezaubert Jeden, selbst die
stumpfen Herzen,
Raubt mehr mir Frieden, wecket
mir nur Schmerzen,
daß heißer seufzt die Brust
von Qual verzehret:
Schau’ bunter Blumen Pracht
ich, grüne Matten,
muß ohne Hoffnung mir die
Seele beben,
Dass nimmer meines Sinnens
Frucht, die süße,
Erblüht mir in des Todes
finstern Schatten:
Ihm konnt’ des Leibes Last ein
Seufzer heben,
Ich bleib’ in endlos bittrem
Kampf und büße!
XI.
Als meine Sonne wärmte diese
Phäre:
Manch’ Auge war von zu viel
Licht geblendet,
Und manches, Neid-erglüht,
auch abgewendet
Vom reinen Strahl, daß ganz er
sich ihm näh’re;
Nun hat er kalt gelassen,
dumpf in Leere,
Die Welt; doch Besste fühlen
sich gehoben,
Und Manche, überführt, nun
erst erproben,
Dass spät der Wahrheit gaben
sie die Ehre.
Denn mit dem Tod der Nachruhm
nur sich mehrte:
Ob geizig auch die Zeit mit
großen Namen,
Hoch über sie erhebt Ihn die
Geschichte.
Selbst würd’ge Thaten er in
Schatten kehrte,
Die solches Vorbild sich zum
Muster nahmen,
Das hoher Glanz entrückt nun
dem Gesichte.
XII.
Den Blick zu meiner Sonne fest
gekehret
Hätt’ Euer Adler höchstes Ziel
errungen,
Weil kühn und freudig mit ihr
aufgeschwungen
In solcher Gluth sein Fittich
sich bewähret.
nun mit dem Licht ist Hoffen
ihm verwehret:
weil allzeit Wolken trübe es
umrungen,
Fühlt auch der Siegesmuth sich
matt, bezwungen,
Sein Flug nicht nach dem
Höchsten mehr begehret.*
Wohl die Triumphe all’, die
Siegesbeute
Um ihn gereiht von so viel
Ruhmeszügen,
Entzieht der Nacht, was sonst
ihr war verfallen:
Denn vor dem letzten Tag
erstrahlet in die Weite
Nur mehr sein Ruhm; doch, tief
verletzt, zu fliegen
Die Flügel breitet er, nur um
zu fallen.
*
Anspielung auf die Ungunst des Kaisers.
XIII.
Von ruhmbekränzten Zügen und Trophäen,
Viel reicher Beute kühnen Sieg
zu lohnen,
Vom Ehrenschmuck der frischen
Lorbeerkronen:
Begeistert so wir alle Herzen
sehen!
Denn ewig Licht nur wollte
offenbaren
Unsterblich Leben hier durch
heil’ge Flammen
Im Geist, und wo sie edlem
Sein entflammen,
Das Herz sich öffnet höherm
Ruhm, dem wahren.
Ein göttlich reiner Hauch Dich
nur beseelte,
O Sonne mein! als Schmuck der
schönsten Hülle
Durchleuchtend jede That und
all Dein Streben!
Von Pol zu Pol man diese
Thaten zählte,
Und war befriedigt hier Dein
mächt’ger Wille,
Dort blüht die Palme ihm in
schönern Leben.
XIV.
Wenn der Gedanke, losgetrennt
vom Leben,
mit meinem herzen klagt um
all’ das Wehe:
Dann so in Thränen ich und
Schmerz zergehe,
Dass von der Fluth ich ganz
mich fühl’ umgeben.
Zum Spiegel wird die Fluth,
die wiedergeben
Das Antlitz will, vor dem die
Thränen stocken,
Das stets mich muß vom Schmerz
zur Wehmuth locken;
Doch frommt nicht süße Qual,
nicht Widerstreben.
Mag zügeln theures Bild des
Jammers Quellen:
Gepresster Brust die Seufzer
heiß entsteigen,
Dass trocknen sie des
Schmerzes müde Wellen.
Wär’ dem nicht so, ein höh’res
Streben nährte
Aus dieser Thränen-Ader sich,
der weichen,
Daß Trauer nun zum Heile mir
sich kehrte.
XV.
O heilig Band, in wunderbarem
Walten
Von Gottes Hand geordnet und
beschlossen,
Daß lieblich hier und süß in
Eins geflossen
Göttlicher Geist mit
menschlichen Gestalten!
Preis’ ich in Dir des Himmels
schönste Werke,
Such’ doch zu lösen Dich, so
fest umschlossen;
Denn bald erstarrt, und bald in
Gluth ergossen
Bist du mir freudlos nun in
Deiner Stärke.
Wohl hasst, in diesen Kerker
eingefangen,
Die Seele ihn, beirrt auf
ihren Wegen,
Die hier nicht lebt, dorthin
hebt kein Verlangen.
Doch ihrer Sonne einst
zurückgegeben
Bricht ew’ger Tag erlöster
Brust entgegen,
Die Leben nur gekannt in
seinem Leben.
XVI.
Wie nur geschieht’s, daß kann
nicht fallen lassen
Ich diese Last, ob sie so
schwer mich drückt,
Ein Leben, vielmehr Tod, noch
trag’ gebückt,
Allein, von meiner Sonne fern,
verlassen?
Konnt’ nicht auch ich die
Palme reich erfassen,
Da ihr Verdienst, Gott
angenehm, mich schmückt’:
Mein Fehlen wär’ in ihrem
Licht entrückt,
Wollt’ sie auch mich in
mächt’gem kreis umfassen.
War ich durch sie wahrhaft
beglückt hienieden,
Müßt’ selig, selig sein im
Himmel droben
Von ihrem Licht bestrahlt,
befreit, in Frieden!
Mit solchem Führer brechen ja
die Schranken,
Die Schatten all’, die Zweifel
sind gehoben!
Doch das verdien’ ich selbst
nicht in Gedanken.
XVII.
Schau’ fernhin von des Felsens
lieber Schwelle*
Ich rings in Purpur Erd’ und
Himmel glühen;
Des Herzens Nebel, noch so
dicht, sie fliehen
Vor dieser Pracht, vor dieses
Tages Helle!
Dann der Gedanke hebt sich mit
der Sonne
Zum Lichte mein, das mehr den
Himmel zieret;
Wie hell sie hier des Tages
Stunden führet,
Sie zieht mich aufwärts, nur
zu seiner Wonne,
Nicht wie Elias zwar in
feur’gem Wagen,
Mit gold’nen Schwingen doch
die Lieb’ sich träumet
nun umzutauschen diese nied’re
Hülle
Mit jenem Sein, das ew’ger
Glanz umsäumet;
Und so der Geist, gehoben und
getragen,
Fühlt sich durchzuckt von
sel’ger Freudenfülle.
* gemeint ist die Insel Ischia
XVIII.
Der Liebe edle Flamme hat
umrungen
So gänzlich mich, daß höhnet
sie der Stunden,
Die Triebe all’ in Einem sind
gebunden,
Der straft als Sieger was
nicht ihm entsprungen.
Mit gold’ nem Band von süßem
Joch umwunden
Das Herz verachtet nied’re
Sclavenketten,
Kennt Furcht nicht, mag zur
Hoffnung sich nicht retten,
Glüht Einem Feu’r, ein Knoten
hält’s gebunden.
Wohl auserles’nen Pfeil der
Bogen schnellte,
Der grub die Wunde, die als
Schild sich stellte
Vor der Versuchung Fallstrick
dann auf immer:
Die Fackel löschte Lieb’, da
sie entbrannt,
Zerriss den Bogen, einmal so
gespannt,
Den Knoten fest, ihn so zu
schlingen nimmer.
XIX.
Du weißt’s, nie wich mein Fuß,
o treue Liebe!
Aus deiner süßen Haft, nie
wollt’ entwinden
Mein Nacken sanftem Joch sich,
Du wirst finden
Noch wie am ersten Tag der
Seele Triebe.
Nicht wandelte die Zeit die
alte Treue;
fest noch wie er geschlungen ist
der Knoten;
Hat bitt’re Frucht er stets
mir auch geboten,
Nie dem geprüften Herzen naht
die Reue.
Sahst, was vermag in warmer
Brust, in treuer,
Dein süßer Pfeil, gewaltig
doch entsendet,
Wie machtlos selbst der Tod
bei seinem Feuer!
Drum lock’re selber Du mir nun
die Schlinge,
Da, sorglos ich ob Freiheit
mir entwendet,
Nun zweifle ob zu retten sie
gelinge!
XX.
Gräbt Zeit die alte Wunde mehr
nach Innen,
Sich lindert auch ihr Weh, dem
gleichen Grunde
Entquillt da Übel stets und
Heil im Bunde
Muß Frieden ich verlieren und
gewinnen.
Dem edlen Kampf nicht kann ich
mehr entrinnen,
Der süßen Täuschung, die mit
jeder Stunde
Umschlingt die Seele mehr, ob
sich bekunde
Als Wahn die Lust im Schmerz
sich einzuspinnen:
Erst hat Vernunft ihm
Heftigkeit gezügelt,
Gebunden dann die Sinne, so
befreit
Mit dem Gedanken fühlt sie
sich beflügelt.
Sie sammelt reiche Ernte dann
im Schooße,
Daß ich, der Last entrückt,
währt’ es allzeit,
Mich glücklich wähnen könnt’
in solchem Loose.
XXI.
So kämpft mit der Gedanken wirrer
Schaar
Die müde Seele, mit dem langen
Leben,
Daß sie der Last machtlos ist
untergeben,
Die drückender ihr wird von
Jahr zu Jahr.
Was einst mir Rettungs-Anker,
Stütze war,
Für jedes Weh die Palme hat
gegeben,
Zu ihm ich kann mich nun nicht
mehr erheben,
Bin jeder Freude, jedes
Trostes bar.
Zeit dünkt mich’s oft, daß
Qual mir nun genommen,
Daß Hülfe oder Tod der himmel
sende,
Und langer Tage Abend sei
gekommen:
Ja, eig’ne Hand den Streich
schon wollte führen;
Die Furcht nur, daß ich
Jenseits ihn nicht fände,
Hielt sie zurück, vermocht’
das Herz zu rühren.
XXII.
Bist auf des Zieles Höhe nun
getragen,
Du edler Geist, vom Wahren
stets entzündet;
Gefallen ist die Last, Dich
nicht mehr bindet,
was geltungslos dem Willen und
dem Wagen!
Auf jeder Stufe sahst Du
überragen
Als letzten Preis den Himmel;
leuchtend findet
Dort Ahndung Sieg, die leis’
sich nur verkündet
Dem Streben hier, um ewig nun
zu tagen.
Der Tugend Licht liess Dich in
jenem heben
Den blick stets über diese
enge Hülle,
Spornt’ Dir Vernunft und
zügelte die Sinne.
Und mindert’s Seligkeit in
jenem Leben
Dir nicht, dann, wie hienieden
einst, o, stille
Beherrsch’ dies Herz, das
krankt an Deiner Minne!
XXIII.
Wo fänd ich je so köstlich
reich Geschmeide
Geziert wohl mit Smaragd und
mit Juwelen,
Daß heil’ger Asch’ ich’s
könnt’ zum Schmucke wählen,
Dem höchsten Schatze mein, zu
würd’gem Kleide?
O schöne Seele du, im Chor der
Freude
Nun hoch verklärt, Du magst
die Thränen zählen
Die rinnen da, wo Gold und
Perlen fehlen,
Und glänzen trüb’ statt einer
prächt’gen Scheide.
Doch edle Menschen, wahrhaft
große Seelen,
Die Deinem Beispiel folgen und
vertrauen,
Den Weltlichen ihr prunkend
Erbtheil lassend,
Mit Ehrfurcht lange sie von
Dir erzählen,
Sie in der tiefsten Brust Dir
Tempel bauen,
Mehr als der Urnen reichste
Pracht umfassend.
XXIV.
Als noch der Liebe Hauch im
Sonnenglanze
Verschönte mir den Tag: da
durch den bogen
Des lichten Himmels fröhlich
fortgezogen
Ich strebt’ mit Dir nach einem
Siegeskranze!
Nun schwand das Licht, nun
aufgelöst das ganze
Gewöhnen ist: verwaist ich
irr’, umzogen
von dunklem Himmel, der mir
nicht gewogen,
Den Niemand öffnet mehr der
durst’gen Pflanze.
Wohl sank der Muth, der einst
die Flügel spannte,
Und nun dem Sehnen fehlet Halt
und Schranke,
Weil Hoffnung grausam ihm den
Rücken wandte.
Der Name bleibt mir noch, da
siegte Leben
Noch ob dem herben Schmerz,
ist auch Gedanke
Von Leidenschaft befreit Dir
heimgegeben.
XXV.
Mein süß Gedenken sproß, mein
selig Sehnen
So wunderreich im Tage hoher Sonne,
Dass jed’ Gewölk’ zerrann vor
solcher Wonne!
Jetzt Dunkel trifft mein
Suchen nur und Wähnen;
Die Seufzer lindern nur,
versüßen Thränen,
War dieses Glanzes kurzer
Frist verliehen;
Vor mildem Blick’, vor treuem
Wort entfliehen
Fühlt Leid ich halb, halb sah
ich’s sich verschönen.
Erloschnem Muth die Kraft ist
nun erstorben,
Und lähmend liegt die
unheilvolle Schwere
Rings auf den besten, hellsten
Geistern Allen:
Der starke Antrieb wich zu
Muth und Ehre,
Worum die Alten einst so heiß
geworben,
Und mir ist Lust und Blüthe
abgefallen.
XXVI.
Weithin erglänzen, helle
Blitze sprühten
Gewalt’ge JKräfte, hoch von
Muth entzündet;
Im Wettlauf, schien es, hatten
sich verbündet
Viel hehre Geister um des
Ruhmes Blüthen.
Der Himmel geizte nicht, freigiebig
streuten
Die Grazien Gaben aus, selbst
Sterne ließen
Des Lichtes Heerd, um freudig
zu begrüßen
Die Zukunft, der sich edle
Herzen weihten.
Nie hellern Tag die Sonne noch
enthüllte,
Den überird’sche Klänge süß
durchtönten,
Als sich Natur zum schönsten
Werke wandte;
Den Schoos mit Veilchen und
mit Lilien füllte
Die erde sich, still Luft und
Meer verschönten
Den Tag, der in die Welt mein
Licht mir sandte.
XXVII.
Du Lichtesquell, im Dreiklang
heer geeinet
Zur Sonne klar, die uns als
Beispiel glänzet,
Wer Dich gewahrt, im Raume
unbekränzet,
Kein Wunsch ihn zieht, nicht
Hoffnung mehr ihm scheinet;
Die Fessel drückt nicht mehr,
sein Aug nicht weinet,
Er los der Täuschung ist, die
uns begrenzet.
Und du, o sel’ger Geist, dess’
Ruhm ergänzet
Im Himmel nun, gefürchtet
hier, beweinet,
Welch hohen Rang jetzt hast Du
eingenommen,
Mit welcher Kraft der Himmel
wohl Dich zierte,
Da in sein Licht vertieft Du
ihm willkommen?
Gerechte Hand dort spendet
reiche Kronen:
Wie hier dein Heldenleib die
Reihen führte,
Dein Geist wird Geister dort
erfreun und lohnen.
XXVIII.
Der Antrieb, der so lang’ zum
süßen Lichte
Mein Wesen zog, mein Trachten
all, mein Denken:
Jetzt billig mußt’ aus seinem
Schwanken lenken
Zum Wahren er den Geist, daß
Kampf sich schlichte.
Er flocht das schöne Band, das
feste, dichte:
Nicht bloss die Sinne sollte
es umschweben;
Sie konnten ihm nicht ew’ge
Dauer weben,
Dass selbst der Tod es
nimmermehr vernichte:
Verfolgen glühnde Spur er
stets mich lehret,
Verachten Freiheit, und in
Hoffnungsträumen
Noch süß verbringen meine
bitter’n Tage.
Doch da es klar, dass
Täuschung mich verzehret,
Sollt’, ist’s nicht schon zu
spät, die Lieb’ nicht säumen
Zu dämpfen Gluth, zu hemmen
meine Plage.
XXIX.
Wird von dem süßen Sinnen
abgezogen
Die Seele durch des Lebens
buntes Walten:
Ist lichter Spur betäubt sie
fern gehalten
Dem Schiffe gleich, das
Todes-Ruh umzogen.
Wie mag die Last, so schwer
ihr zugewogen,
So leicht, so schnell sie
ziehn zur Welt, der kalten,
Da heil’ger Bund im Himmel doch
behalten,
Aus dem sie Lust und Licht
allzeit gesogen?
Wenn nur in ihm sie schwelgt,
sich nährt sie, wacht,
Ein Kerker ihr gilt dieses
Leibes Stätte,
Wo langer Tod als Leben ihr
beschieden:
Kann’s sein, daß Nied’res sie
verlustig macht
Des Höheren, daß umgetauscht
sie hätte
Für hohes Los nur Täuschungen
hienieden?
XXX.
Wozu noch stets zum Tod, dem
tauben, sprechen,
Des Himmels Mitleid flehn mit
meinen Thränen,
Wenn ich beherrschen selber
kann mein Sehnen,
Den Schmerz vermag in starker
Brust zu brechen?
Kann ich verschloß’ne Thüren
nicht durchbrechen:
Ich öffne besser eine dem
Vergessen,
Schließ’ and’re der Erinnrung
unterdessen;
Mich selbst so könnt’ ich,
mein Geschick so rächen.
Umsonst ich suchte Trost auf
jedem Wege,
Wollt’ aus der düstern Haft die
Seele retten,
Die allzu schwer von ihrem
Schmerz umwunden
in harter Probe einsam doch
ich wäge,
Ob noch besiegt Vernunft der
Liebe Ketten,
Ob Hoffnung mir ein bess’res
Ziel gefunden.
XXXI.
Dein Ruhm, mein tapfrer Held,
bleibt ungemessen,
Ob Tag und Stunden kurz Dir
hier gedauert:
Von solchem Stoff die Sage
tief durchschauert,
Läßt ihn Jahrhunderte nicht
mehr vergessen.
Noch hatte Deine Seele nicht
durchmessen
Der Ehre Lauf, von Allen nun
betrauert,
Da ward das Ziel von engem
Schrein ummauert,
D’rin Jeder leuchtend Vorbild
hat besessen.
Leicht schwangst du dich
befreit von unsern Mühen
Empor, daß selbst dir Sorge
nicht mehr nahte
Um Deiner Hülle Rest, die
hochgeweihte.
Dies tröstet mich, so daß mir
Schmerz gediehen
Zur Freude gar, und ich nach höherm
Rathe
Das herbe Los als glückliches
mir deute.
XXXII.
In heitern erst, dann düsteren
Gewändern
hält unterjocht das Herz mir
stets die Liebe:
Sie zu besiegen lang’ ich
schon mich übe,
Sie faßt mich stätrker nur,
statt sich zu ändern.
Doch stillt der Jammer ob so
schweren Leiden
Sich im Gedanken süß mir und
erhebend,
daß theures Bild mich lieblich
stets umschwebend
Läßt Gluth mir wachsen, Klage
sich bescheiden.
Der Phantasie Gewebe brennt
und zehret,
Doch nährt’s die Seele auch,
da erstes Feuer
Stets neue Kraft ihm treulich
giebt und mehret.
Der hohe Werth, der weit die
Welt durchdringet,
Als Beispiel hehr, ist hold
der Todtenfeier,
Daß tröstend er das enge Band
umringet.
XXXIII.
Sich strafte selbst der Tod
mit tück’schem Streiche,
Als zu verdunkeln jenes Licht
er dachte,
Das fortlebt dort, da heller
nur erwachte
Sein Glanz im Scheiden hier
aus unserm Reiche.
Drauf streckt zu mir die Waffe
er, die bleiche;
Erkennend doch, daß ich des
Schlages lachte,
er führt’ ihn nicht und lebend
ich betrachte,
Wie grausam er, ob er auch
höflich schleiche.
Spiel’ todtes Leben so ich in
die Hände
Ihm, der frohlockt des stets
gewissen Sieges,
Da froh ich harre dem
ersehnten Ende:
Er nie der unerhörten Rache
müde
Läßt lebend mich im Tod, wie
satt des Krieges.
Und flieht er mich, wird
jemals mir noch Friede?
XXXIV.
Zum vollen Leben kaum erst
aufgegangen,
War schon von Gott den Seelen
vorgeschrieben
Ihr Ziel; umfaßt hatt’ einzig
es mein Lieben,
An seinem Licht mein Sehnen
all gehangen.
Welch’ hartes Urtheil konnte
je verlangen,
Daß ohne Hort die Seele nun
vertrieben,
Dass Ruh’ nicht ihr, noch
Licht und Trost geblieben,
Nur starre Nacht die blinde
hält umfangen?
Wenn sich Natur des Himmels
Willen einte,
Zu knüpfen diesen Bund, welch’
neid’scher Muth,
Welch’ feindlich rauhe Macht
ihn konnte lösen?
Aus seinem Leben nährte sich
mein Wesen,
Für ihn ich ward, und sein mit
Gut und Blut,
Ist’s möglich, daß allein der
Tod ihn meinte?
XXXV.
Auf den Tod der Eltern des
Molza, die am selben Tag starben
Mein Herz, ach, muß es immer
Euch beneiden,
Ihr selt’nen, noch im Tod
vereinten Seelen,
Der müßt’ in starkem Bund Euch
neu vermählen,
Wo sonst nur bitter pflegt er
zu zerschneiden!
Die geiz’gen Parzen sollten
sich bescheiden,
Zu spinnen gleichen Faden und
zu zählen
Nach Wunsch der Tage Maß; so
Gott befehlen
Ihr konntet glücklich Los zu
ew’gen Freuden.
War das der Liebe Wirkung hier
auf Erden,
Die also fest zwei Herzen
konnt’ verbinden,
Da doch der Körper hemmend sie
umschlungen:
Wie in der ew’gen Gluth verkläret
werden
Mag dieser Bund, der, selig
angefangen,
Vollendung muß in heil’gem
Lichte finden.
XXXVI. - An Molza
Dem süßen Wort hat würd’gem
Stoff gegeben
Der Himmel nun, dem
wundervollen Sange!
Daß Du erheben kannst in
ew’gem Klange
Die Namen, die dir gaben
sterblich Leben.
Entsprexchend ihrem Werth die
Flügel heben
Ich sah nur dich, und würdig
zum Empfange
Solch edler Frucht nur sie; in
heil’gem Drange
Die Sterne eifern Euch den
Preis zu geben.
Ihr seid’s, die edler Weise
eingewoben
Des Himmels Harmonie; sie
ruhmvoll schmückte
Noch mit der alten Ehre uns’re
Zeiten;
Beredt nur Euer Mund vermocht’
zu loben,
Wie sie beherrschte einst die
Zeit, beglückte,
Und Euer Genius konnt’ den
Flug begleiten.
XXXVII.
Du, Liebe, lebst, ob Hoffnung
mir begraben:
Frisch noch Dir glüht des
ersten Tags Verlangen,
Wie erster Blick an Deinem
Strahl gehangen,
So auch die letzte Stunde wird
er laben!
Auslöscht mein Leben und Dein
bild zusammen,
Wird’s früh dem Einen, spät
dem Andern heißen;
Der erste Pfeil wird letzte
Wunde reißen,
Mag Hoffnung, Furcht nicht
mehr das Herz entflammen.
Und muß vergeh’n die Seele
treu in Schweigen,
Sieh tausend Zeugen laut doch
für sie sprechen:
Gieb ihr für langen Krieg nun
kurzen Frieden!
Nicht will sie Freiheit mehr
für sich zu eigen:
Nur si sich möchten heiße
Gluthen brechen,
Dass ruhig rinnt das Leben aus
hienieden.
XXXVIII.
Freigebig Herr! Dir war in
solchem Grade
Dein Stern, daß geiz’ge Zeit
im Kommen
Dir immer weniger vom Ruhm
genommen,
Vielmehr bereichert die
verlass’nen Pfade.
Wohl Deine Tapferkeit
beleuchten g’rade
Die Dir zu gleichen nun sich
vorgenommen,
Das selbst die Widersacher Dir
zum Frommen
Die Speichen drehn von Deines
Glückes Rade.
So stets ein Trug bei Andern
sich erwahret
Trotz Geist und Kraft, der
wirft erneute Strahlen
Auf Dich zurück im Aug’ der
Eingeweihten.
Den Edlen Ehrensache ist’s zu
malen
Dein Bild im hellsten Glanz
für alle Zeiten,
Weil kleinlich gilt, der
Deinen Nachruhm sparet.
XXXIX.
Die Sonne, dünkt mich, mag wie
sonst nicht glänzen,
Uns wie dem Monde nicht in
Himmelsferne,
Planeten nicht; ich schau’
nicht helle Sterne,
Die strahlend noch das
Firmament begrenzen.
Kein Herz ich seh’ in Edelmuth
erglühen,
Geflohn ist hoher Ruhm und
wahre Ehre,
Zerronnen jede Tugend nun in
Leere;
Es grünt kein Baum, die Blumen
nicht mehr blühen;
Trüb’ ist das Wasser, dunkel
sind die Fluren,
Die Lüfte kühlen nicht, nicht
wärmt das Feuer;
Denn Alles wich von den
gewohnten Spuren.
Seit meine Sonne floh mit
ihrer Klarheit:
Entweder zahlt Natur nicht
mehr die Steuer,
Oder mein Schmerz den Sinnen
birgt die Wahrheit.
XL.
Gefolgt ich war in jenes
sel’ge Land
Der Liebe Spur auf
überird’schen Wegen:
Da sah ihr Bild ich einen
Glanz umhegen
Viel schöner noch als ich ihn
hier gekannt,
Und hört: bei jenem süßen
mächtgen Band,
Das hält uns noch wie einst
mit seinem Segen,
Laß Hoffnung dich, nicht
Schmerz so sehr erregen,
Auf daß gestillt er meiner
Lust verwandt!
Da der Verstand, gebannt von
Licht und Worten
Auf wunderbare nie gewohnte Art,
Hat größ’rer Sonne BNähe nicht
gewahrt:
Gelangt fast, schien’s, zu
seines Zieles Pforten,
Nicht trug er so viel Glanz:
ein schweres Ach!
Im Augenblick ihn löscht’ und
rief mich wach!
XLI.
Wenn müde sinkt am Strand der
Träume nieder
Mein süß Gedenken vom
gewohnten Fluge:
Lebend’ger führt der Schlaf in
and’rem Truge
Das theure Bild mir vor die
Augenlieder.
Ist hell die Nacht so,
düsteres Gefieder
Deckt mir den Tag, der gab ihr
seine Kränze:
Bürgt’ einst sein erster
Strahl, daß Glück mir glänze,
Nun sein Erlöschen erst mich
tröstet wieder.
Mag mit der Zeit das Leiden so
vergehen,
Geschützt in Traumes Hut wie
in Gedanken,
Das Antlitz hehr bleibt in der
Seele stehen.
Und stets den Lohn erneuert so
sich Liebe,
Ob alle Lust geflohn der
Hoffnungskranken,
Dass sie mit größ’rer Kraft
den Glauben übe.
XLII.
Was der Empfindung schwand,
giebt der Gedanke:
Von schwerer Prüfung mir die
süßen Früchte;
Sie mich verzehrt nur, daß er
auf mich richte;
Erschwert das Leben sie, ihm
Reiz ich danke.
Falsch wär’ er, zeigt er mir
als wahr die kranke
Welt; so sorgt er, daß auf
sich verzichte
Der alte Schmerz, daß ihr
vertraut er lichte
Zur Freude sich, und Hoffnung
ihn umranke.
Lenkt er zum Leide mich in
dieser Stunde,
Im Licht zur andern bringt er
mit Entzücken,
Als säh ich’s strahlend hell
noch hier auf Erden.
Zwiespältig so die Seele macht
die Runde,
Mag auf den Grund ich, bald
auf’s Leiden blicken:
Sieg des Gedankens Macht wird
endlich werden.
XLIII.
Glänzt’ meine Sonne jetzt am
Firmamente
mit jenen Sternen noch am
heim’schen Strand,
Die so bestrahlt mein schönes
Vaterland
Daß größrer Thaten nicht sich
rühmen könnte
Das Alterthum: mit diesen
Leuchten brennte,
Wie mild der Himmel sie und
hat gesandt,
Mein Herz von freierm leichtem
Hauch umspannt;
Das Falsche sich zu seiner
Nacht bekennte!
Mit lichten Fäden, vor der
zeit durchschnitten,
Sie meine Hoffnung hielten süß
umsponnen,
Die Hoffnung Mancher noch
dereinst gleich meiner;
Doch daß der Last, der selig
nun entglitten
So schöne Seelen sind, ich
bald entronnen,
Ist Himmelsglaube mir, stets
fester, reiner.
XLIV.
Zum Träger heil’ger Flamme hat
erkoren
Den Geist der Himmel mir seit
frühsten Jahren,
Ihr sprühend Licht er mußte
treu bewahren,
Noch leuchtet’s mir, ich bin
dafür geboren!
Wie rein sich prägt ein
Siegel, unverloren
In weiches Wachs: so aus dem
Grund, dem klaren,
Der warmen Brust soll
treu sich offenbaren
Des Helden großer Sinn, dem
ich geschworen.
Ob Tod den Schatz zu rauben
mir gesonnen,
Nicht bin zur Bettlerin ich
d’rum verarmet
Weil fristet solcher Ruhm
allein mein Leben;
Noch stets am schönen Strahl
der Sinn erwarmet,
Das Herz sich nährt an der
Erinn’rung Bronnen;
Noch hegt die Brust das Wort
um sich zu heben.
XLV.
Einst wünscht’ ich, daß mein
Licht es klar erkenne
Wie ich in Lieb’ und Treu’ ihm
hingegeben:
Statt Glauben Schaun ist dort
ihm nun gegeben,
er weiß den Sinn, das Werk, ob
ich’s nicht nenne;
Sieht. daß zu seinem Willen
ich bekenne
Mich fort, daß steht zu ihm
mein Leben,
Nicht braucht Erinn’rung je
ihm nachzustreben
Als ob ein Augenblick sich von
ihr trenne.
Sieht eig’nem Ruhm den And’rer
so vernichten,
Daß jeder Ehre Grad davor sich
beuget,
Das Alterthum nur Gleiches
noch bezeuget.
So wird mein Licht auch
heil’ge Strahlen richten
Auf meine Barke, hart bedrängt
von Wogen,
Zu Fels und Klippe tückisch
fortgezogen.
XLVI.
In treuer Brust ein and’rer
Frühling grünet
Geschmückt mit Blumen und mit
frischen Zweigen:
Hell meiner Sonne tag muß sie
erzeugen,
Der stets in’s herz mir
scheint, und Schmerz mir sühnet.
Kein Wetter je verschleiert
ihre Strahlen:
Nacht birgt sie nicht, Tag
ruft sie nicht zurücke,
In beiden heimisch mit dem
gleichen Blicke
Mag Widerschein sie dort, hier
Wahrheit malen.
Den Blumen süß vergleich’ ich
die gedanken,
So lieblich duftend stets in
mildem Scheine,
Dem sie erwacht, dem sie ihr
Dasein danken.
Und Hoffnung webt so linde in
den Zweigen,
Die nur vom Himmel kommt, daß
auch die meine
Zur Heimath mag von ihrem
Glanze steigen.
XLVII.
Du schöne Sonne mit des Geistes
Blitze
weit die besiegend dort am
Himmelszelt:
Beschenkt mit Licht und
Gluthen sie die Welt,
Erleucht’ auch Du uns von
erhabnem Sitze!
Der Nächte Schatten sich vor
jene stellt,
Nicht jedem Klima zollt sie
gleiche Hitze,
Dein Werth gilt voll in geglichem
Besitze,
Wächst noch im Tod, der seinen
Glanz erhellt.
Die kleinste Wolke jene kann
bedecken
Und brechen ihren Strahl: vor
dichten Massen
Von Neid und Schmach Dein
Licht nicht kann erblassen.
Auf stern’ und Elemente all’
erstecken
Mag sich ihr Glanz, doch
lieblicher bescheinen
Der Deine wird die Heiligen
und Reinen.
XLVIII.
Da’s mir in’s Herz sich stahl,
vom ersten Tage,
Das liebe Bild, weilt es in
sel_’gem Frieden
Dort manches Jahr, daß, wo die
Reiche schieden
Von Erd’ und Himmel sich, mir schien
in Frage.
Gefangen gab die seele ohne
Klage
Ihm gleich sie hin, der
Freiheit reiche Blüthen,
Um treustem Schutz sie röhlich
anzubieten,
Selbst aufzugehn in seines
Lebens Wage.
Die schönsten Kräfte sah ich
sie erfüllen,
Das Antlitz hehr in tausend Strahlen
glühen!
Mit so viel Tugend
ausgeschmückt die Pfade!
O wie erfleht’ ich da des
Himmels Gnade,
Daß daure ewig, daß sich nie
erfüllen
mög’ dieses Los! rasch doch
war sein Verblühen!
XLIX.
In Sehnsucht schwer und dumpf,
in bitt’rem harme
War mir das Herz gepreßt schon
manches Jahr,
Als Du zum Himmel flogst, mein
lichter Aar,
Dass ich nun ganz in Nacht und
Qual verarme.
Ob ich’s nicht werth, daß ich
in Gluth erwarme,
Die rührt’ die Schwingen Dir
zu sel’ger Schaar?
Ich wär, verachtend Täuschung,
Weltgefahr,
Erhoben so von Deinem starken
Arme.
Dein leichter Flug mich konnte
ja umhegen,
daß mußt’ auch mir sich
höh’rer Muth erregen
Erhaben über dieser erde
Leiden;
Ach, daß ich träge, ferne Dir
beim Scheiden!
Will ohne Dich mir Kraft ja so
verderben,
daß nicht zu leben weiß ich
noch zu sterben.
L.
Aus meinem Thränenquell, dem
nimmer müden,
Sich stärk’re Ader hebt, in
heft’gem Strome,
Wenn hellen Frühling schaut in
Gottes Dome
Die Seele, der nur Winter ist
beschieden.
Wenn lieblicher der Himmel glüht
und blauer
Er ziert mit buntem Gürtel
seine Erde:
Weh! mir nicht gilt sein
schöpferisches „werde“,
Die äussre Pracht nur mehrt
die innern Schauer.
Gebannt an finstern Ort bin
ich begleitet
Von meinen Qualen bloß, da
sind gekettet
Die Sinne stets vom einzigen
Gedanken;
Doch mit der Schnelligkeit die
kennt nicht Schranken
Eint sich der Geist dem Ziel
für das er streitet
Zu dem er heute sich und
allzeit rettet.
LI.
Das Herz mit glüh’nder
hoffnung einst ich nährte,
Gepflegt im Erdreich also glücklich
linde,
Daß, sicher schien’s, sich
süße Frucht entwinde:
Tod riß sie aus, der Blüthe er
begehrte;
Barg schönen Träumen seliges
Gestade,
Den hellen Tag in finst’re
Nacht er kehrte,
In herbes Gift den Nektar, und
entleerte
Das Herz der Güter all, auf
lödem Pfade.
Der Streich, der rasch den
Faden licht durchhieb,
Der hold verband dies mit den
andern Leben,
Raubt’ ihm das Wirkens, mir
des Fühlens Trieb.
War’s erstes ihm, und letztes
Ziel dem Streben
Dies schöne Licht, das selbst
die Sterne loben:
Des Sieges Macht hat es
emporgehoben.
LII.
Ihr’ Augen! nun verhüllt ist
unser Licht,
Mir mit der Sonne all mein
Glück entzogen;
Der Himmel hat die Strahlen
aufgesogen:
Was Wunder, daß ihm solcher
Glanz entspricht!
Wenn Mitleid noch der Lethe
Strom durchbricht
Wie einst: auch mir jenseits
der bleichen Wogen
Seh’ müdem Lauf ich’s
hülfreich noch gewogen,
Versagen Stütze meinem
Schmerze nicht.
Mußt’ Erde nicht und Luft, und
Meer selbst weinen
Um so viel Hochsinn in
Gespräch und Sitte?
Nie so viel Tugend konnt’ ein
Herz vereinen.
Nun neue Freiheit ist mir ödes
Schemen,
Weil todt er ist der meines
Daseins Mitte,
Den zeigt’ der Himmel nur, ihn
sich zu nehmen.
LIII.
Was hat Natur an Reiz der Welt
gespendet,
An Wunderwerken vor ihr ausgegossen,
Was vor der Sonne irgend ist
entsprossen,
Die Zeichen all’ von Gottes
Macht entsendet:
Das Herz gleichgültig sich von
ihnen wendet,
Wenn nun sich ewig Licht ihm
hat erschlossen,
Vor dem das Irdische in Nichts
zerflossen,
Weil unser Unwerth jenes abgewendet.
Den Schmerz nicht mindert’s
allzeit ihn betrachten,
Nicht Hoffnung mag beleben
stetes Weinen,
Das Mittel weicht, wie sich
mein Elend zeiget;
Mag auch die Qual nicht immer
mich umnachten,
Die Ursach’ doch die Wirkung
rasch bezeuget,
Daß selbst der Trost als
Täuschung muß erscheinen.
LIV. – An Pietro Bembo
Bembo! Du Stolz des Löwen, der
hinschreitet,
Die eine Faust weit
ausgestreckt zum Meere,
Die andre in’s Land: des
Reiches Ehre,
Der Freiheit altem Ruhm er
Sieg bereitet!
Als weiser Führer, der uns
sicher leitet,
Ob wanket unser Schritt,
Geschick sich kehre
Gab Dich uns Gott, der in der
Leiden Schwere
Dich hat gereift, Dir
Siegesbahn gebreitet.
Wie durch Smaragd in gold’nem
Bette fließet
Die Sorg’, so sich an
lieblichen Geländen
Und hell wie Milch Meaurus
schön ergießet;
Glücklich ich preise, die von
solchen Händen
Unsterblichkeit erlangt:
neidlos ihr glänzen
Die Lorbeern die mit Ruhm Dein
Haupt bekränzen.
LV. - An Kaiser Carl V.
Der Weltherrschaft gewalt’ge
Zügel beugen
Seh’ ich Fortuna Deinem
muth’gen Wagen,
Denn über Land und Meer will
Hoffnung tagen,
Daß sel’ger Frieden kommt sich
uns zu neigen.
Schon herrscht Dein Arm in
jenen stolzen Reichen
Nicht bloss wo Tago, Rhein und
Rhone tragen
Und Po und Donau Deine stolzen
Flaggen,
Auch vor dem Ocean nicht mag
er weichen.
Ein Blitz nur deiner Kraft, er
treibt zu Paaren,
Wie Sonne jagt der Nebel
dumpfe Massen,
Der Scythen rohe grausam wilde
Schaaren.
Folg’ Deines Sieges Spur denn
um die Erde:
Durch Dich in Einen
Schaafstall nur umfassen
Kann Clemens, unser Hirt,
zerstreute Heerde.
LVI.
Der Vögel Angstruf hör’ ich,
den erpresst
Gewalt’gen Adlers sturmbewegte
Nähe,
In Schaaren fliehen sie, so
weit ich sehe,
Misstraun verfolgt sie bis
in’s eig’ne Nest.
Ob hoher Kraft bewußt, Der
sich verläßt,
Dass Himmels Hülfe treulich zu
ihm stehe:
Mit neuen Ehren, neuem Ruhme
wehe
Sein stolzer Flügel weit von
Ost nach West!
Wohl meine Sonne hat ihm Bahn
gebrochen,
Hat Sturmes Wolken vior sich
her getrieben,
Um ihrer Werke Lohn nun ewig
zu genießen,
Da bittend ihr Verdienst bei
Gott gesprochen,
Daß treue Sterne ihre Macht
noch üben
Und seine Schwingen beide Pole
grüßen.
LVII.
Das sinn’ge Wort, des Geistes
lieblich Leuchten,
Das Tod nicht hat noch
neid’sche Zeit verzehret,
Wodurch entzündet, so mit
Kraft bewehret
Das Herz, wie’s meine Werke
wohl bezeugten:
Ich hör’ es immer, seh’ es
mich umleuchten,
Wenn trock’ne Erdenrinde mir’s
nicht wehret,
Von der bezwungnen sehnlich oft begehret
Der Sinn zu lösen sich, dem
Leiden beugten.
Des Himmels Licht, die die
süßen Harmonieen
Vor g’ring’rem Glanz und
schwächern melodien
Mir Aug’ und Ohren haben sie
verschlossen;
Sei d’rum mir sel’ger Geist
nicht fremd und ferne,
Weil ich auf Erden noch bin
eingeschlossen,
Da hoch ihr glänzen Deines
Ruhmes Sterne.
LVIII.
Nicht zaudert jenes Mitgefühl
der Sphären,
Womit die Sonne mein mich zu
sich zieht,
Sie naht sich heit’rer nur, je
mehr erglüht
Das Herz dem Ziel, dem ganz es
will gehören.
Sacht’ heilt die Wunde, da mit
scharfen Speeren
Wie sonst Erinn’rung sie nicht
mehr durchzieht,
Vielmehr mit heit’rem Blick
herniedersieht,
Der auch von ferne will die
Kraft bewähren.
Die Augen, die der Tod nun hat
umschleiert,
Mit Feu’r sie nähren noch der
Seele Tiefen:
Wie klarer Spiegel einst sie
meinem Leben,
Lenkt jetzt ihr Strahl es
noch; daß ewig schliefen
Sie mir, nicht wollt’ es Gott;
mit ihm durchsteuert
Mein Kahn dies wüste Meer in
stillem Beben.
LIX.
Von flüchtigen Gedanken, kurzem
Traum
Schöpft Nahrung ach! nur
dieses schwache Leben;
Versagen sie: der Irre Preis
gegeben
Flieht suchend es in Nebel und
in Schaum;
Es kehrt zurück: gewahrt mein
Licht es kaum,
Von seinem ewig hellen Glanz
umgeben,
Da’s zu mir spricht: Du wirst zu
mir erheben
Dich bald, giebst Du dem
Schmerze nicht mehr Raum;
Vermochte Drangsal,
Mißgeschick zu scheiden
Ja selbst der Tod Gelübde,
fest geschlungen
In einer Gluth, die höhere
Hand entzündet?
Worauf ich sag’: wohl mag mein
Muth sich weiden
An Deinem Wort; doch daß er
überwindet,
Reich’ ihm die Hand, die Tod
mir abgerungen.
LX.
Aeneas’ heldenmüth’ge Thaten pries
Virgils unsterblicher Gesang
der Welt:
Als würdig Ziel doch, hohem
Geist gestellt,
Mein Licht allein sich
g’nügend nur erwies;
Ein Leben, klar und
ruhmgekrönt wie dies,
Auch solchem Genuis noch die
Flügel schwellt;
Nun g’ring’re kraft so volles
Maß nicht hält,
Getäuscht ist Jeder der sich
Ruhm verhieß.
Des Namens ew’ger Wohllaut
kann nicht schwinden
Bei and’rem Stoff, und hoher
Geistes Fülle
Gab gleichen inhalt hier That
und Geschixchte;
Den Weg zum Himmel, nicht zur
Hölle finden
Die Tugend müßt’ in göttlichem
Gedichte,
Dass beider Ziel sich
glänzender enthülle.
LXI.
Wie dem Gedanken neide ich die
Flügel,
Mit dem so rasch ich ihn zum Himmel
schwinge!
Ihn ja vom Licht trennt nicht
Raum noch Schlinge,
Das weckt mein Wollen trotz
dem Grabesriegel.
könnt’ löschen nur aus der
Erinn’rung Spiegel
Ich all’ mein Glück, daß stets
nicht Nahrung bringe
Dies Bild dem Schmerz, und
unbewacht es dringe
An’s Herz, das leicht verliert
der Wahrheit Zügel:
Es irrt umher hier Strahlen zu
entdecken
Noch von geliebtem Aug’ und
will bescheiden
Sich nicht, weil heller sie
von oben niederschauen.
So folgt’s dem ersten Trieb,
doch also rauhen
Und steilen Pfad kann lang’
der Fuß nicht leiden,
Bis frisch’rer Hauch dies
Kleid wird neu erwecken.
LXII.
In schwachem Fahrzeug ach! ich
soll durchschiffen
Die Woge dieser Welt mit
tück’schem Winde,
Und keinen Lenker, Hülfe nicht
ich finde
Auf öder Bahn, umstarrt von Felsenriffen!
Dem Aug’ erlosch sein Stern,
als rasch ergriffen
Tod meines Lebens Hort, daß
blöd’ und blinde
Von hoher Fluth gepeitscht mir
Rettung schwinde,
Da Schrecken mir statt Lieb’
in’s Herz gegriffen.
Nicht daß vor der Sirenen
süßem Laute
Zu scheitern etwa an den
Felsenrippen,
In Sturmes Aufruhr mir zu
sterben graute:
Nur davor: daß allein
durchfurch’ die Welle
Ich hoffnungslos, die thürmt
sich hoch an Klippen
Und birgt den sichern Port,
des Grabes Zelle.
LXIII.
Halb sonnenhell, vom Nebel
halb erdrückt
War meiner Tage Zahl, und
stets im Schweben
Sie hielten Furcht und Hoffen,
Jauchzen, Beben,
Vom Zauber süß, von Schwermuth
bald umstrickt.
So reich der Himmel hat mich
nie beglückt,
Als geizig nun er ist: das
aufrecht eben
Hält mich im vollen Schmerz,
daß untergeben
Auch Glück dem Wechsel einst,
wo’s mich entzückt.
So pflegt die List des Bösen
ja zu siegen,
Daß prompt zu schaden und zu
nutzen träge
Er heit’re Stunden giebt,
unsel’ge Tage.
An Glauben leer, geschickt
weiß er zu trügen,
D’rum traut dem Schein im
glänzenden Gehege
Gar nie, der Ausgang immer
bleibt in Frage.
LXIV.
Bei Erinnerung an die
feierliche Rückkehr Pescara’s nach Ischia
Hier hast gefeiert Du, o
lichte Sonne!
Die Rückkehr, reich mit
königlicher Beute!
Mit welchem Schmerz begrüßt
das Aug’ euch heute,
Ihr Orte, die bestrahlte
solche Wonne!
Hier Palm’ und Lorbeer Dir die
Schläfe zierte,
Als Schmuck der Dir den
höchsten Lohn bedeute;
und kräftig Antlitz, Wort, das
jeden freute,
Zu lautem Ruf der Wahrheit Sprache
führte.
Und freundlich Du Dich meinen
Bitten neigtest,
Als Du die Wunden roth, als
Zeit und Ort der Siege
Glorreich von Dir erkämpft, Du
klar uns zeigtest.
Gab das der Freuden viel, so
viel der schmerzen
Giebt es mir jetzt, und zwischen
beiden wiege
Das Haupt ich thränenschwer,
trostlos im Herzen.
LXV.
Noch eh’ zur Mitte ich der
Lebensreise
Gelangt, das Ende schon mich
mahnt und schreckt;
Doch mild Erinnerung es stets
bedeckt,
Daß Herbes selbst sich gütig
mir erweise.
Und daß der Fuß nicht wankt im
rauhen Gleise,
Nicht weicht der Last, die
Trägheit leicht erschreckt:
Mich meine Sonne stets zur
Vorsicht weckt,
Daß ich nicht irre in des
Lebens Weise.
Mit ihr ich selig war, weil
treulich warnte
Sie ungewissen Schritt; aus
Himmelsferne
Trifft nun ihr Schein die
Spur, die Welt umgarnte!
Wie sie vom ursprung mich, vom
Ziele gerne
Belehrt, so wird zur Seligkeit
bereiten
Die Seele sie, die sie
verstand zu leiten.
LXVI.
Was kann ich, Herr! an reichen
Gaben Dir
Als Opfer fromm in reinster
Absicht reichen,
Das den Verdiensten Dein wär’
zu vergleichen,
Das halb nur würdig Deiner
schiene mir?
Geweiht hab’ ich Dir’s Herz,
sein Inn’res schier,
Und d’rum geblutet schon aus
tausend Streichen,
Nun siehst Du’s nackt, siehst’s
beben und erbleichen,
Vom Weinen matt, verlangend
für und für.
Der Hoffnung Grün, verwelkt zu
dürrem Reise,
Ernährt in Flammen doch sich
solcher Weise,
Daß stets sie lodert ohne zu
verbrennen.
Will würdig Deiner nicht dies
Opfer nennen,
Du hoher Geist! ob es mir
Trost gewähre;
Doch streb’ ich all’zeit nur
nach Deiner Ehre!
LXVII.
Warum nur heut’ dem Schmerz
der Lieb’ entquillen
Mag ohn’ erneute Ursach’
häuf’ger Regen
Aus thränenschwerem Aug’ und
mehr bewegen
Mein trostlos Herz, den
bittern Born ihm füllen?
Die Wunde weit kann mehr nicht
überquillen,
Nicht neuer Schmerz vergrößern
sie, erregen,
Zur Schwere kann nicht eine
Drachme legen
Die Zeit, noch einen Tropfen
ihn zu stillen.
Und zum Gedanken traut da
spricht die Liebe:
Vier Jahre heute sind’s, hast
du’s vergessen?
Seit dich der Trauermantel
eingeschlossen.
Empfindung hat den Sinnen erst
erschlossen
Das Wahre – nun konnt’ ich es
ermessen –
Auf daß dem Gram nur größ’re
Nahrung bliebe.
LXVIII.
Nicht lassen kann Gedanken
ich, die süßen,
Die glücklich liebend einst
mich nährten, hoben,
Verzehren nun ach! da träum’
von Oben,
Licht hier im Elend such’ nur
um zu büßen.
Bei leeren Wünschen doch, in
bittern Thränen,
Der Wahrheit Stimme lehrt mich
nun vergessen
Die Sorgen all, vergeblich
Glück zu messen,
Da einst ein Tag wird lange
Nächte krönen.
Und hallt im schwachen Lied
des Schmerzes Klage:
Löscht jener hohe Ursprung ihm
die Fehle,
Der Glauben Leben giebt, dem
Schmerze Dauer.
Einsam dann stehn die Triebe
in der Seele,
Die ihre ersten, auch am
letzten Tage
Verhauchend keusches Feu’r und
inn’re Trauer.
LXIX.
Die Blume licht, mit jedem
Reiz geschmückt,
Hat stets von meiner Hoffnung
lind umwehet
Nur Wohlgeruch entsandt, und
süß erstehet
Aus bitt’rer Frucht noch Saat,
die mich entzückt.
Ob Segen mehr, ob Unheil mehr
gepflückt
Mit ihr? klar nur in letzter
Stund’ ihr’s sehet,
Weil wechselnd Beides sich im
Kreise drehet
Und Schicksals Wage ist dem
Blick entrückt.
Mag Glück und Zeit sich
fordern in die Schranken
Voll Laune stets: mir wird der
Grund nicht wanken,
Dem huld’ge ich, da ich
Verlust beweine;
Aus früh’rer Leidenschaft
entstieg der reine
Glaube; treu wie in erster
Stund’ geboren
Bleibt auch in letzter er mir
unverloren.
LXX.
Um zu versüßen meine bittern
Tage,
Sinn’ meiner Lieb’ ich nach,
die thront im Himmel,
Ihr Bild noch einzig strahlt
im Weltgetümmel,
Ehrt uns’re Zeit in
ruhmerfüllter Sage.
Erzählend hoff’ zu lindern ich
die Klage,
In Versen Raum und Maß dem
Leid zu finden,
Der Weisen Rath ich suche zu ergründen,
Ob sie mir lösen thränenreiche
Frage?
Doch falsche Göttin seh’ ich
stets bewegen
Ihr flüchtig Rad, da mehr sie
Freundschaft heuchelt,
Mehr Unheil häuft, wo sie
zuerst geschmeichelt.
Läßt so die Seel’, im Schmerze
stets verwegen,
Doch nie von der Vernunft sich
überführen,
Zum Tod ich fleh’: ihn mög’
mein Weinen rühren.
LXXI.
Wenn früh im Osten glüht der
erste Strahl,
Nacht dunkeln Mantel faltet
still zusammen,
Die kalten Schatten fliehn vor
gold’nen Flammen,
Und rings das Leben funkelt
ohne Zahl:
Dann mich umfängt die alte,
gleiche Qual,
Zu bleichen Schemen seh’ ich
sie verdammen
Die Freuden selbst, die meinem
Schmerz entstammen,
Der grausam auch um Täuschung
mich bestahl;
Zu suchen zwingt mich
feindliches Geschick
Die Finsternis, zu fliehen
Tages Helle
Und Tod zu wünschen, da ich
Leben hasse.
Was And’rer Blick umhüllt,
mich führt’s zurück
Zu meines Glückes Widerschein,
zur Schwelle
Vom Sonnenreich, das träumend
ich umfasse.
LXXII.
Gewohnheit reizt Euch Augen
wohl zum Weinen,
Läßt Eures nicht, noch Andrer
Leid verrinnen;
Säht ihr den Grund, Ihr müßtet
Muth gewinnen,
Wo nicht, was kann Euch
blendend wohl erscheinen?
„Daß Lieb’ uns täuscht, wir
möchten es verneinen,
Weil sie wie lebend zeigt mit
allen Sinnen
Das theure Bild; dann führen
wir’s nach Innen,
Dem ers gehört, dem Herzen es
zu einen.“
Mit solchem Blendwerk’,
trügerischen Bilde,
Wollt’ falsch das Herz zur
Hoffnung ihr entzünden,
Daß Gluth es nährt auch unter
diesem Schilde?
Mag’s Herzens Glaube, uns’re
Blindheit sein,
Es muss die gleiche Schuld so
Läut’rung finden:
Durch Thränen wird sie wie
durch Flammen rein.“
LXXIII.
Die Ihr gesehn mein Licht, o
sagt es Jenen,
Die’s nicht bestrahlt, daß wie
sein Werth auf Erden
Noch einmal nicht kann
aufgefunden werden,
So einzig auch mein Jammer
ist, mein Sehnen.
Was es gegolten: wieg’ ich auf
mit Thränen,
Wer jenes sah und mißt daran
mein Leben,
Schätzt gleich der Tugend auch
die Pein daneben,
Beut Mitleid der, voll
ehrfurcht sie zu krönen.
Mein Licht gar oft erscheint
mir nun im Schlummer
Und spricht, das Wunder hör’:
Dein herbes Leiden
Mir selbst im Himmel oft
verkürzt die Freuden.
Ein größ’res Wunder nenn’
ich’s dann, daß jkummer
In klarem Trug führt des
Gedankens Zügel,
Und flücht’ger Traum mich
bannt an seinen Flügel.
LXXIV. – Beim Tode Jacobs
Sanazzaro
Wie, schöne Seele! Du bist
heimgekehrt
Zur Himmelsthür, von wannen Du
gekommen,
Hast Leid gelassen Du, uns
Freud’ benommen,
Mit ihr die Sterne reichlich
all bescheert.
Um sie nicht wein’ ich doch: was
mich beschwert
Ist Niedrigkeit der welt,
nichts mag ihr frommen;
Seit Du als Lehre Beispiel ihr
genommen,
Wie Gleiches nirgend, hier wie
dort geehrt.
Des Ruhms beraubt, muthlos von
Dir verlassen,
Hat wie mit Schmerz getränkt
der stolze Tiber
Das arme Rom, es blind der
Fluth gelassen!
Um Dich er that’s, wie’s Cäsar
nur geschehen,
Um Dich nur fließen seine
Thränen über,
Wie weinend ward um Jenen er
gesehen!
LXXV. - Beim Tode ihres Vaters Frabrizio Colonna
Wenn unsres Vaters Werth zu
schildern zage
Ich, Übermenschliches nicht
menschlich lobe:
Nur Ehrfurcht ist’s, nur Liebe
weicht der Probe,
Ob sich Gedanke mit der Feder
wage.
Nicht reicht zu seines Ruhmes großer Sage
Mein dürftig Wort, das
keuscher Minne
Nur ist beredt, ob Stund’ und
Tag verrinne
Umsonst in Thränen so und
leerer Klage.
Nicht weil ich Sonnenglanz zu
trüben wähne,
Hör’ ich zu schreiben auf, ob
Liebe treibt
Den Willen, der Vernunft
niemals befragt:
Die gleiche sie nach beiden
Seiten bleibt,
Ob hier sie schweigt, dort ihr
Empfinden sagt,
Und beiden düsteres Gewand
entlehne.
LXXVI.
Gleichwie ein Mensch von Nebel
oft umgeben
Nicht sieht des Weges
wohlbekannte Spuren,
Doch mit geübtem Fuß
blindlings die Fluren
Durchschreitet wie geführt,
nicht irret eben;
So ich, seit aus dem
gegenwärt’gem Leben
Des treuen Führers Licht mir
ward entwunden,
Das Tod nun birgt; doch fühl’
ich noch gebunden
Von längst gewohntem Glanze
all mein Streben.
Ob auswärts Nacht, doch stets
von Innen
Mir leuchtet heller Tag, und
ohn’ Verweilen
Sehnsücht’ge Seele sucht ihr
Himmelszeichen.
Was sie umgiebt, kann keinen
Blick gewinnen,
Los jeder Fessel will sie nur
erreichen
Der Sonne Ziel, dem sich die
Wolken theilen.
LXXVII.
Ob wendet stets mein Fühlen
sich, mein Denken,
Zu jenen herrlichen, den hohen
Gaben,
Die hier geschmückt Dich,
große Seele, haben:
Nicht minder wollt Natur den
Schein bedenken.
Doch könnt’ die Täuschung
unsre Liebe kränken,
So rein und keusch, daß
größern Reiz ihr gaben
Vorzüge äuß’rer Art, da weit
erhaben,
Dem Herzen theurer, jene drin
sich senken.
So viel des Guten je bei uns
gelebt,
Des Schönen wollt’ dem Aug’
sich offenbaren;
Die Tugend selber in der
Schönheit Kleide:
So glänzend Beides fand sich
hier verwebt,
Daß ihr, die ihr es konntet
noch gewahren,
Euch fragt: giebt’s höhern
Ruhm wohl, höh’re Freude?
LXXVIII.
Mein göttlich Licht giebt
doppeltes Geleite
Mir wie in diesem so im andern
Leben
Lehrt wahre Ehre nur mich
anzustreben,
Trägt den Gedanken auf zu
höhrer Freude;
Verheißt auf dieser wie auf
jener Seite
Mir Herrlichkeit, und wollt’
ihm Folge geben
Ich stets: zu jener würd’ es
mich erheben,
Und minder karg wär’ die im
letzten Streite.
Gewahrt’ es einem Geist, der
seines Gleichen,
Gelenkt ihn hätt’ es auf
besondern Pfaden,
Dass jenseits selig, hier er
glücklich würde;
Doch also reich vertheilt
nicht seine Gnaden
Der Himmel, vergönnt nicht
dieser Bürde
Der Sonne nachzuziehn zu jenen
Reichen.
LXXIX.
Die hellen Geister, die Natur
erhoben
Zum Ausdruck höchster Kraft,
ja zum Verstehen
Der Ordnung selbst, in der die
Welten gehen,
Wie Maße und Gesetz sich
selber loben;
Und jene auch, die reiner Sinn
gehoben
So über sich und alle niedern
Sorgen,
Daß Glaube sie, hält heilig
Licht geborgen:
Wenn meine Sonne sie berührt,
umwoben,
Die ersten wohl an großer That
erkennen
Dann mussten auch die große
ew’ge Seele,
Die in so schönem Körper
mochte thronen;
Sah’n diese hier solch’ Wunder
ohne Fehle,
Für’s Wahre höher mußt’ ihr
Herz entbrennen,
Weil Größres auf der Welt nie
sollte wohnen.
LXXX. - An
Johanna von Aragon,
ihres Bruders
Ascan Gemahlin.
Könnt’ ich den Nacken wenig
nur entwinen
Dem Joche, Herrin, und
Gedanken lenken
Von meinem Licht, ich würde
gern versenken
Sie ganz in dich, mit Lust
Leid überwinden,
Zu süßem Liede Wort und Klang
verbinden,
In Lob und Preise feiernd Dein
Gedenken:
Denn Tugend kann mit höh’rer
Macht beschenken,
Als Purpur, Kron’ und Scepter
sie verkünden.
Dir gab der Himmel ja mit
vollen Händen;
Mein Stern war karg, und meine
Sonne kehrt
Von Deinem Paradies den Blick
zu sich:
Ob ich’s erkenne, doch sie
fesselt mich,
Daß statt zu preisen es, ich
muß mich wenden
Zur süßen Klage, die das Herz
mich lehrt.
LXXXI.
Vom Weinen war die Sprache mir
erstickt,
Konnt’ schönen Stoff nicht
würdig so bezeugen,
Als aus der Irre wollt’
Vernunft mir zeigen
Den sichert Port, ob auch das
Herz geknickt;
Das dumpfe Lied, das Zeit
herab noch drückt:
Mehr Überdruß wird’s, fürcht’
ich, Andern reichen,
Als Labung mir; die Wahrheit
kann’s erreichen
Doch nie, und Schweigen wohl
sich besser schickt.
Mir g’nügt es nicht, noch
meinem heil’gen Licht,
Entsprechend seinem Werth und
meiner Qual
Kein Dichter jemals wüßte es
zu ehren.
Zeit also ist’s, daß sich im
Stillen bricht
Des Feuers Gluth, nach Außen
löscht den Strahl
Der Thränen Fluth, mag er das
Herz verzehren!
LXXXII.
Wie eine Tig’rin, der geraubt
die Jungen,
Die zärtlich sie gehegt, ich
rastlos jage
Dem Tode nach, der fühllos
meiner Klage
Hat theure Beute stolz mir
abgerungen;
So hat er mich mit ew’gem
Schmerz bezwungen:
Schließt mir die Thür, wenn an
der Schwell’ ich zage,
Ob neidisch auch er kürzet
Aller Tage:
Mein heißer Wunsch ist stets
vor ihm verklungen.
Die Flügel tückisch lähmt er
und beschneidet,
Wenn heilig Streben sie empor
gehoben:
Höhnt dann den Fall, an dem er
stolz sich weidet;
Was fragt er jemals nach der
Opfer Fülle,
Da Alle sicher sind ihm
aufgehoben:
Auf gute Stunde lauert bös
sein Wille.
LXXXIII.
Wenn so das Herz des ew’gen
Jammers müde,
Daß nach dem Tod es seufzt:
mich Furcht befällt
Und sagt: Nützt Dir das
Scheiden aus der Welt,
Wenn fern der Sonne Dir nicht
dämmert Friede?
Aus kalten Schauern dann ein
mächtig Ringen
Die Seele fasst und hoch empor
sie hält,
Daß Irdisches vor ihr in
Stücke fällt,
Ihm mindesten Tribut nur mag
sie bringen.
So birgt mein Geist sich
irdischem Ergötzen,
Nicht des Gerüchtes noch des
Ruhmes wegen,
Noch weil er selber sich will
überschätzen:
Sein Licht ihn zieht, es lockt
ihn für und für;
Das Antlitz hold, er sieht es
allerwegen;
Es mißt die Schritte, prüft
die Werke schier.
LXXXIV.
Beglückte Seelen, die Ihr
freudig thronet
Im Chor der Musen, und zur
Tiefe schauet
Des heil’gen Borns, der Eurem
Geiste thauet
Befriedigung, wo Lieb’ und
Klarheit wohnet:
Reicht Eure Rechte mir, (sie
hilft, sie schonet)
Die schüchtern nur zu suchen
sich getrauet
So hehre Spur von glanz und
Ruhm umbauet,
Daß sie zum Heil mich führ’,
das Euch belohnet.
Nicht daß ich schmeichelt’ mir
das Licht zu mehren,
Worin ich spieg’le mich, noch
daß Fragmente
Von Marmor dann einst Leib und
Namen ehren,
Doch, daß vor Jenem nicht wie
Schnee zerstieben
Die Worte all’ beseelt von
treuem Lieben,
Darin gepreßtes Herz sich
Zuflucht gönnte.
LXXXV.
In lichten Flammen sah’ ich
freudig glühen
Den Berg, der Birgt Tiphöus
stolz, den Riesen,
Ich sah das Haupt, den Schoß,
den Saum umfließen
Das Licht, und reizendes
Gestad’ umziehen.
Dein Ruhm es ist, der all das
macht’ erblühen,
Und feste Erde, Meereswoge
ließen
Bescheiden dich den ersten
Rang genießen,
Weil ward der Welt gleich Dir
kein Schmuck verliehen.
Wohin ich schaut’: Triumph!
der wiederstrahlet
Von Deiner Werke ungemess’nem
Werthe,
Von Deines Muthes Lob nach
allen Seiten;
Denn wahrlich! nicht ein Tag
allein bezahlet
Den Inhalt der sich Jahre
durch bewährte:
Machtlos muß Zeit an ihm
vorübergleiten.
* Bezieht sich auf die
Feierlichkeiten
bei Pescaras erster Rückkehr
nach Ischia
LXXXVI.
Nie zögern meiner Ungunst die
Geschicke,
Langsam und karg doch bill’gem
Wunsch sie spenden:
Mag halb die Last sich nur
nach Außen wenden,
Halb bergen sie die Brust, daß
mehr sie drücke.
Ob Tages Lauf bald Frost bald
Hitze schicke:
Ohn Hoffnung irr’ ich durch
der Zeiten Wenden,
Daß mit des Kleides Haft sich
Schmerzen enden,
Mich seine Schwere länger
nicht umstricke.
Glücksel’ge Dido! die mit
Feuer dämpfte
Ein heisseres im Innern, und
befreite
Mit muth’gem Tod sich so in
kurzer Stunde!
Ihr half die Furcht wohl vor
dem ew’gen Streite,
Mein Sehnen doch mit tieferm
Bangen kämpfte,
Da gleiche Qual mir wühlt im
Herzensgrunde!
LXXXVII.
Mit Thränen und mit Feu’r die
Seele nähren,
Mit dürrer Hoffnung richten
auf den Willen,
Das Herz bezwingen, will
Gewalt enthüllen
Auf’s Neu’ das hehre Bild und
es verzehren:
Lehrt mich die Lieb’: lehrt
mich der Last erwehren,
Mit höh’rerm Schwung den
Antrieb zu erfüllen
Und, giebt er nach, gefaßt den
Schmerz zu stillen,
Daß trägt vom Gram mein and’res Ich die Ehren.
Mir Labung ist das Weinen und
das Sehnen,
Verlorne Hoffnung ein
willkomm’ner Zügel,
Der rückwärts lenkt die
ungestümen Flügel.
Ich rühm’ des Leides mich und
meiner Thränen,
Denn, kraft des Lichts, des
lieblichen und reinen,
Muss wie ihr Lohn die Qual mir
lieb erscheinen.
LXXXVIII.
Wer hält zurück die Seele, mag
sie zwingen
In finstern Kerker, daß ihr
Leben stocket?
Geliebtes Licht sie ja zum
Himmel locket,
Doch soll mit Nacht und
Irrthum stets sie ringen?
Und kann das Bild, das
zeichnen die Gedanken,
Die Lieb’ vielmehr, in meines
Herzensgrunde,
Die Qual mir brechen, lindern
herbe Wunde,
Was jenseits erst der Schatten
und der Schranken?
Hemmt kühnen Willens
ungezähmtes Wagen
Die Furcht vor Strafe doch,
die nimmer endet:
Liegt minder nicht die Hölle
im Entsagen.
Heimath, Vernunft, um meine
Kräfte werben,
D’rum, todesmuthig Herz, zeig’
dich in Thaten!
Der kann nichts gut, der gut
nicht weiß zu sterben.
LXXXIX.
In so viel Farben frischer
Lenz nicht blüht,
Verjüngte erde treibt nicht so
viel Sprossen,
Nie so viel Sterne hat in
Nacht ergossen
Aurora, wenn sie leuchtend
aufwärts zieht,
Als mir lebendig in der Sache
glüht
Gedankenfülle, lieblich und
erhaben,
Ein Schmuck noch meines
Lichts, das helle Gaben
Aus der Erinn’rung streut mir
in’s Gemüth.
Und könnt’ ich, wie in’s herz
sie sind geschrieben,
Dem Blatte alle klar sie
anvertrauen:
Entzünden müßten sie viel
tausend Seelen.
Doch läßt von keuschem Feuer,
das geblieben
Im Erdenschleier dicht
verhüllt, erzählen
Sich wohl, läßt wohl sich
seine Macht erschauen?
XC.
Dem Schmerz, o Julia! ist Dein
Geist erlegen,
mit Lebens-Muth Dir Leben
selbst gebannt,
Dort fand Dein Hoffen letzten
Zieles Strand,
Wo still Vernunft sich läßt in
Banden legen.
Weil fremdes Blut bespritzt
gleich leichtem Regen
Des Gatten Kleid, schon Graus
Dich so umwand,
Daß Dir statt Wärme Eis in’s
Herz gesandt,
Nun Pein und Lieb’ wird nimmer
es bewegen.
Vielfältger Tod ward so
erspart und langer
Mit diesem Einen Dir, da
leichter Flügel
Dich schweren Leid im
Augenblick enthoben.
mir währt der Kampf, der
größer nur und banger,
Weil meine Sonne mir das Herz
gehoben
So hoch, daß trotz dem Schmerz
es trägt die Zügel.
* Bezieht sich auf die Frau Pompea
Colonna’s,
die den Gatten todt glaubend vor SKummer starb.
XCI. - An den Pflegesohn Marchese del Vasto.
Da Deinen Ruhm, den hehren, Du
erweitert,
Bist, Herr, Du unserm Namen
Stolz und Krone;
Mit Preis uns schmückend
schlingst du dir zum Lohne
Den Lorbeer, der die Stirne
dir erheitert.
Nie an Gefahren ist dein Muth
gescheitert;
Er reizt’ ighn nur, Gold und
Gewinn zum Hohne,
Weil dir am heil’gen Quell auf
reinem Throne
Apoll zu höh’rer Lust das Herz
geläutert.
Hoch schlägt’s und frei, von
Tapferkeit getragen,
Die übersteigt hier jegliche
auf Erden,
Da missgunstlos ihr Demuth
steht zur Seite;
Zu uns’rer Ehre aufbehalten
werden
Sollst Du der Zukunft bis in
ferne Weite:
Ein Ziel ist’s, würdig Deinem
Sinn und Wagen.
XCII.
Im Himmel nun mein Licht mich
mehr entzückt,
Mehr mich beruhigt dort sein
voller Frieden,
Als ach! sein kurzer
Siegeslauf hienieden,
Wie reich auch jede Stunden
einst beglückt.
War doch zur Mitte noch nicht
vorgerückt
Der schöne Tag: da seine
Strahlen breiten
So glänzend sich bis in die
fernsten Weiten,
Daß solcher jeden andern Ruhm
erdrückt.
Dem hellen Schein wird nie der
Abend kommen,
Im Osten er mir wacht, wo neue
Klaft
Stets schöpft das Herz, da
Gram sie ihm erschlafft.
Verklärte Seele nun ist hoch willkommen
Im Hafen dort, wo sie des
Herrn genießt
Und ihrem Werth auch Frieden
mir entfließt.
XCIII.
Wie den Wacholderbaum
umbraust, den schönen,
Der wilde Wind, und doch nicht
kann ihm rauben,
Nicht öffnen selbst der Zweige
dunkle Lauben,
Da eng’ verkettet sie den
Gipfel krönen.
So, mag Geschick bekämpfen sie
und höhnen,
Ist meine Seele, Herrin,
wollst mir glauben:
Wer hoher Absicht will, des
Zieles sie berauben,
Wird einem unfruchtbaren Wahne
frönen.
Also beschirmt vom Reiche der
Gedanken
In ihrer Sonne Zauberkreis sie
lebet,
Zu ihr das Siegspanier sie
allzeit hebet.
Und wie Natur den mächt’gen
baum bewehret
Vor feindlicher Gewalt,
Vernunft mich lehret,
Daß wächst das Leid der Glaube
ohne Wanken.
XCIV.
Auf jenen Spuren wandle
Freund, den lichten,
Daß meine Sonne ich erstehen
sehe
In dir, und länger meinen
Flehen und Verzichten.
Ein herb’ Geschick nicht
konnte Dir vernichten
Den Muth; die Heldenkraft
vielmehr, die zähe,
Trug dich auf jene
staunenswürdge Höhe,
Wo frei der Trieb von trüben
Erdenschichten.
Nun, da die Sonne, die nur
wiederscheinet
In Dir der Welt, nicht spendet
mehr die Gluthen,
Weil sie in höherm Licht sie
dort vereinet,
Erfahr’ ich, daß versönlich
und voll Milde
Dein Herz erhebt sich stets an
ihrem Bilde,
Macht unvergesslich sich im
Sinn der Guten
XCV.
Daß Schmerzes Kraft sich an
der Zeiten Welle
Breche, ich hofft’ es einst,
daß überwunden
Das müde Herz im siebnten Jahr
gefunden
Nicht schöpfe mehr aus seines
Grames Quelle,.
Ob Unheil wächst, ob zögert an
der Schwelle
Die Sonne nie: nicht
Leichtsinn hat umwunden
Das Herz, sein Gram ist feil
ihm nicht um Stunden:
Was gilt dem Schmerz die Zeit,
mir Qual der Hölle?
Daß brennt Dir Thränen Flut
ich nimmer klage,
Und nennt mich treu einst eine
treue Sage,
Mir wär’ der Ruhm vor jedem
andern theuer.
Mein Glaube steht wie dieses
Felsens Riffe
Werth meinem Herrn, hier
bitt’re Fluth durchschiffe
Ich wie die Helle einst in
Liebes-Feier.
XCVI.
Klar nun ich’s schau’: die
Sonne groß, die wahre,
Ohn’ deren Licht nichts Gutes
läßt sich spüren
Sie wollt’ durch keusche Lieb’
die Seele führen,
Daß höh’res Feu’r ihr,
göttliches, erklare.
Sie wollt’ durch meine kleine
Sonne läutern
(Die noch mir strahlt) den
Geist zuerst, ihn rühren,
Um dann das größre Licht ihm zuzuführen
Und es für ewig d’rinnen zu
erweitern.
Vom Himmel schien der Strahl
mir so gesandt
Als Funke gleichsam, der die
Nähe künde
Von mächt’ger Flamme, die sich
bald entzünde.
Wohl liebt’ ich immer sie,
auch ohne Zeichen
Dass solche Kraft sie könnt’ in
mir erreichen:
Mein Licht hat bittend sich zu
Gott gewandt.
XCVII.
Von Licht ein irdisch Bild ich
sah umwebt,
Wie im Krystall sich brechen
Sonnenstrahlen,
Doch nicht vermocht’ ich treu
es abzumalen,
Weil noch die Welt in meinem
Geiste lebt’:
Wohl seine Macht die Seele
still durchbebt
Seit Jahren schon, und Schuld
zurückzuzahlen
Mich nun Versäumniss drängt zu
vielen Malen,
Wo Geist und Kunst nicht mehr
die Wege gräbt.
Und mag ein Stein verborgen
sein in Thränen,
In Seufzern auch, von all der Lichtesfülle:
Ihn Nebel, scheint’s, ihn
Regen nur umhülle.
War kühn das Herz im Lieben
und im Sehnen,
Maßvoll im Schweigen sei’s,
und nicht mißachten
Wird sel’ger Geist mein heiß
inbrünstig Trachten.